08 August, 2005

DOLOMITI - ABENTEUER


Timmelsjoch



Das Ziel
„Schaaatz, hast du meine Badehose gesehen?“; „Schaaaatz, reichen 3 Fliespullis?“. Nein, Martin flog nicht nach Mallorca und ich flog auch nicht nach Sibirien. Zweieinhalb gemeinsame Urlaubswochen mit zwei besonderen Zielen hatten wir vor uns: die Sextner Dolomiten und den Gardasee. Martin hatte sich auch den legendären Dolomiti Superbike vorgenommen und war hoch motiviert für das Bergabenteuer.

Alles fing mit kreativem Chaos an: Berge von Büchern, Landkarten, Klamotten, Campingutensilien, Fressalien, Sonnencremes und so weiter… Auto packen war eine Mischung von Tetris im höchsten Schwierigkeitsgrad, The Age of Empires und Counter Strike. Das Spiel mag ich nicht. :-/


Die Fahrt
Freitag, 8. Juli
Abreise um 5:00 Uhr. Also, zumindest geplant…
Hmm, alles grau draußen. Wir waren aber nicht allein. Wir hatten Deutschlands treuesten Freund dabei: REGEN. Und noch mehr Regen. Und eine Bayerische Radiosendung, die uns etwas über "Gerichte mit Geschichte" erzählte. Aber wir waren nicht neidisch, wir hatten Mintchocs.
Nach der deutschen Autobahn, kam das Staunen über das Allgäu, wo es grüne Wiesen und natürlich tausende von Milchkühen zu sehen gab.
An einer kleinen Berghütte haben wir das Panorama genossen und bei den Bergpässen, mussten wir zugeben, die Italiener können einiges im Straßenbau.

Toblach


(Foto: Martin Kiefer, Toblacher See)

Camping Toblacher See (Lago di Dobbiaco)
Ein cooler Campingplatz (brrrrrrrr). Man braucht sogar eine Chipkarte, um rein zu kommen und um Wasch- und Sanitäranlagen zu benutzen.

Platz auf grüner Wiese, direkt am See und von herrlichen Bergen umrundet. Die perfekte Kulisse für das legendäre Alpenglühen.
Zelt aufgebaut und dann ging es zum ersten Fest des Urlaubs: Pizza, Vino, leckere Desserts und Café.
Nur die Temperaturen waren ein bisschen niedrig. Und ich friere NUR unter 26°C…
Vor dem Schlafengehen, hatten wir noch Zeit für eine Diashow mit den Fotos des Tages, und dieses Ritual haben wir auch jeden Tag zelebriert.


Samstag, 9. Juli
Das Wetter war nicht so ganz optimal, aber nach einem luxuriösen Frühstück (eine absolute Zelebration jeden Tag des Urlaubs) haben wir unsere Radklamotten angezogen, um Martins Startunterlagen in Niederdorf abzuholen. Das waren meine ersten 300 Höhenmeter mit dem Mountainbike über Wald- und Asphaltwege. Ein kleiner Bach im Wald und die Aussicht auf die grünen Berge waren für mich die Highlights der kleinen Radtour. Es war die Hölle in Niederdorf los, denn die jungen Radtalente waren gerade in Action. Dolomiti Superbike für Athleten unter 18. Die kurzen (naja, "kurzen" ist vielleicht übertrieben...) waren gut. Mir wurde es sogar ein bisschen peinlich, danach wieder aufs Rad zu steigen…
Wir hatten noch Zeit für einen Cappuccino und dann ging es zurück „nach Hause“, wo Martin mir zeigen konnte, wie ein „sehr einfacher“ Single Trail aussieht. Sehr einfach...
Kochen, essen, spülen, duschen, schlafen. Und von dem Dolomiti Superbike träumen.


Sonntag, 10. Juli
Wir sind extrem früh aufgestanden, denn ich wollte mit Martin bis zum Start fahren und das konnte ja dauern… Die Straße nach Niederdorf war komplett voll von Radfahrern, die langsam zum Start fuhren. Ich habe ein paar stolze Fotos gemacht und nach dem Startschuss hatte ich auch meinen kleinen Marathon: schnell zum Campingplatz zurückfahren (bevor die Fahrer um den See fahren würden), Fahrrad abstellen und ein schönes Plätzchen am Toblacher See finden, wo ich mein Schatz anfeuern könnte. Eine Stunde hatte ich im Regen gestanden und habe gewartet – und nur unbekannte Gesichter. Das musste die kleine Runde sein. Also zwei weitere Stunden habe ich gewartet und bis auf die Knochen gefroren, bis zu dem Carabinieri der sagte, fast alle Fahrer wären schon vorbei gefahren. Hmm. Telefon. Martin! Wegen Schmerzen und wegen des kalten, nassen Wetters hatte er die Tour abgebrochen und war natürlich extrem traurig.
Schnell ins Auto und ich habe meinen dreckigen Schatz in Toblach abgeholt.
Wir haben trotzdem gekocht und versucht, das Ganze zu verdrängen. Der Urlaub würde uns mit Sicherheit mit schöneren Augenblicken belohnen.

Wanderparadies


Auf dem Weg nach "Hause", haben wir unsere Wanderungstrecke betrachtet...


Montag, 11. Juli
Ich wollte unbedingt wandern. Am Frühstücktisch (ja, weil alle unsere wichtige Entscheidungen finden am Tisch statt) haben wir den Rother Wanderführer von dem gnädigen Herrn Hauleitner durchgeblättert und eine kleine und leichte Wanderung gewählt, die Popena-Runde. Diese Runde fängt in der Nähe des Misurinasees an und schon die Fahrt dahin war ein Erlebnis. Man konnte noch die Bergspitzen mit Schnee betrachten und imposante Berggruppen in allen Richtungen sehen.
Wir hatten einen grummeligen Anfang mit Regen, aber jeder von den 550 Höhenmetern hat uns mit wunderbaren Aussichten belohnt. Totale Stille und Einsamkeit da oben, am höchsten Punkt (2214 m). Dann ging es auf den lustigen Abstieg auf steilem Schotterweg. Martin konnte sein Downhill-Talent zeigen, ich musste mich ganz klein machen und mich an dem Rutsch-Abstiegsstil gewöhnen.
Eine sehr gelungene Reise in die Märchen-Welt der Dolomiten.


Dienstag, 12. Juli
Martin hatte noch eine Rechnung offen nach der Dolomiti Superbike Geschichte. Den letzten Teil von der Strecke musste er noch fahren und obwohl ich keine Ahnung hatte, was für eine Herausforderung es für mich sein würde, wollte ich die 1000 Höhenmeter mitfahren.
Die Tour fing mit ein bisschen Regen an, sodass wir kurz unter Bäumen, mit Blick auf die legendären Drei Zinnen, warten mussten.
Dann ging es weiter. Der für mich steile Anstieg im Schotter war hart und die Unterzuckerung war extrem. Am höchsten Punkt, den Plätzwiesen, wo ich skeptisch blickenden Kühen begegnen konnte, hatte ich Freuden-/ Schmerztränen in den Augen. In dem kleinen, einsamen und aussichtsreichen Refugio haben wir Cappuccino bei einer "netten" Kellnerin bestellt. Sie hat uns nämlich mit der einheimischen Bedienungsart vertraut gemacht: als wir leise "Zwei Strudel hätten wir noch gerne" gesagt haben, hat sie geseufzt, die Augen vor Langeweile und Ärger verdreht und uns die verdammt leckeren Strudelstücke zugeworfen.
Alpendohlen haben uns nettere Gesellschaft geleistet, zumindest solange sie uns als Strudelkrumme Hersteller sahen. Diese Begegnung mit dem Alpenvogel war für mich ganz besonders, denn der Ort aus dem ich komme kennt nur Spatzen und Flugzeuge...
Die Abfahrt war hauptsächlich auf Asphalt, entsprach also nicht der originalen Superbike-Route. Ich habe es versucht, runter über Schotterpisten zu fahren, aber es ging einfach nicht. Angst, Gedanken, Talentmangel, Tränen, Schieben. Ein bisschen Frust nach dem guten Gefühl, oben ein Ziel erreicht zu haben.


Mittwoch, 13.Juli
Ich war so deprimiert nach der Abfahrt vom letzten Tag, dass Radfahren gar nicht in Frage für das Tagesprogramm kam. Stattdessen haben wir eine etwas längere Wanderung gewählt, den Sentiero Bonacossa Südteil, die auch am Misurinasee startete. Anstiegshilfe haben wir mit Skilift genossen. Mir war teilweise ein bisschen schwindelig... Dann ging auf die echte Wanderung, mit 510 m in Anstieg und 920 m im Abstieg. Die Sonne schien!!! Endlich gutes Wetter! Nackte, schotterige, steile und einsame Berge bietet die Cadinigruppe an: Eisenleitern, Drahtseile, Rampen und ähnliche Unterhaltungen haben uns ca. 6 Stunden beschäftigt. Geile Wanderung! Am Ende waren wir natürlich total kaputt.

Sentiero Bonacossa
Donnerstag, 14. Juli
Nach der super Wander-Erfahrung, haben wir uns vorgenommen, noch eine längere, schwerere, steilere und gefährliche Wanderung zu unternehmen. Aber heute nicht...
Martin hatte von dem Großglockner und von der Großglockner Hochalpentrasse gesprochen und den Vorschlag gemacht, dahin zu fahren.
Die Hochalpenstraße war beeindruckend – ein bisschen Respekt musste man haben. Wir haben uns den Gamsgrubenweg vorgenommen. Dieser befindet sich oberhalb des Pasterzengletschers zum Wasserfallwinkel und man kann durch Tunnels mit etwas komischen Inszenierungen zu den Themen Wasser, Gold und Kristall wandern. Wenn man von dem nächsten Tunnel rauskommt, ist der Blick zu dem Gletscher immer beeindruckender als der letzte. Murmeltiere habe ich zum ersten Mal in freier Wildbahn gesehen und die Faszination der geschichtsvollen Steine hat mich zur Sprachlosigkeit gebracht. Vielmals. Martin dachte, ich wäre schwer krank.

Nach der tollen Wanderung bei gutem Wetter und Sonnenschein auf prachtvoller Wiese, sind wir noch ein Stückchen weiter hochgefahren, bis zu der Edelweißspitze (2571 m), wo die Aussicht auf mehr als 30 Dreitausender einfach spektakulär war.

Die Drei Zinnen



Freitag, 15.Juli
So. Heute ist die Hammer-Wandertour angesagt. Herr Hauleitner schreibt: „Über Felsbänder und Abgründe den Drei Zinnen entgegen. Anspruchsvolle Wanderung auf teilweise gesicherten Steiganlagen. Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und Ausdauer nötig“. Heute weiß ich, wie solche Aussagen in Wanderführer interpretiert werden sollen. Sie bedeuten nämlich: „verdammt gefährliche Wege, nicht runter gucken, kein Familienmitglied mitbringen und Herzgesundheit erforderlich“. Die 850 m im An- und Abstieg waren absolut spektakulär und wir wurden immer ruhiger bei den steilen, abenteuerlichen Passagen, wo ein Fehler unser letzten sein könnte, teilweise mehr als 2000 m senkrecht über den steinigen Tälern. Eine unglaublich spektakuläre Bergkulisse, die uns über 6 Stunden beeindruckt hat. Am Ende haben wir uns darüber gefreut, weiter leben zu dürfen und MacGyver als Kinder geguckt zu haben.

Pragser Wildsee


Samstag, 16.Juli
Nach der letzten Wanderung, lachten wir schon über alles, was unter 1000 Höhenmeter war. Der Urlaub war kein einfacher Urlaub mehr. Es war ein Trainingslager. Und wir waren echte Helden. Aber müde Helden.
Eine leichte Radtour mit touristischen Zwecken haben wir für diesen Tag gewählt, und zwar bis zum Pragser Wildsee. Nicht mehr als 650 Höhenmeter, ca. 37 Km meistens durch asphaltierte Piste und dann ein Stückchen Wald. Hier hat das Wetter wieder nicht mitgespielt. Wir mussten kurz warten bis ein Gewitter vorbei zog. Glücklicherweise wurden unser Räder auch nicht geblitzt. Bei dem letzten Stück (Single-Trail im Wald) musste ich mein Rad schieben, aber die Traurigkeit ging vorbei als wir den See gesehen haben. Ein Traum von Farbe! Und die Dolomiten überall, als Schutzmauer! Ein sehr beeindruckendes Bild. Leider regnete es, uns wir dürften uns nicht lange am See aufhalten.


Sonntag, 17. Juli
Wir waren von dem Pragser Wildsee angetan, sodass wir unseren letzten Tag in den Dolomiten hauptsächlich auf einer Bank am See verbrachten. Ja, wir haben uns eventuell bewegt (eine kleine, aber spektakuläre See-Umrundung) und wussten, wir hatten den besten Platz für den letzten Blick auf die Dolomiten gewählt.
Zum Abschied gab es auch Pizza am Toblacher See, wo wir sogar draußen sitzen konnten.
Montag, 18. Juli
Früh aufstehen, Zelt abbauen, Auto einpacken, Strecke noch mal ansehen und… los zum Gardasee.
Die Erfahrung in den Dolomiten war so schön und intensiv, dass dieser Abschied mir sehr schwer fiel.
Obwohl ich eine gewisse Skepsis vor der nackten Grobheit der Dolomiten am Anfang des Urlaubs gespürt hatte, muss ich zugeben, man bindet sich sehr stark an diese Steine.

Die Fahrt zum Gardasee war lang. Wir haben eine kleine Pause in einem netten Café in St. Ulrich gemacht, und dann ging es schnell auf die Autobahn. Der Regen war unglaublich stark, die Aussicht grau und das Gewitter war über uns. Super. Da fuhren wir hin, in den Sturm… Aber zumindest war es warm, verdammt warm…

Nach der Autobahn kam die Sonne und die Berge wurden immer deutlicher am Horizont. Fünf Km von Riva entfernt, und ich freute mich schon auf den Augenblick, wo sich die Berge öffnen, und uns endlich den See zeigen. Martin wollte den Augenblick spannender machen, und deshalb fuhr er extra-langsam durch die Straße von Äpfeln, Trauben, Oliven und blühenden Oleandern dekoriert. Und dann plötzlich Blick auf den See!! Ich war, natürlich, schon wieder sprachlos. Eine kleine Pause an einem Aussichtspunkt und Martin konnte mir förmlich den Gardasee vorstellen, und jeden Berg nach seinem Name zeigen.
Olivenbäume, Wärme, Zikaden. Einatmen, ausatmen, das glänzende Wasser betrachten. Urlaub Teil II fing an.

Supermarkt in Riva. Martin regelt Kaffee und Vino, ich kauf das ganze Obst und Gemüse im Laden. Das ist unsere Vorstellung von Aufgabenteilung, was Einkaufen angeht… und dann los zum Camping Monte Brione.
Zelt aufbauen ging schnell, trotz des Windes (der legendäre thermische Südwind Ora) und dann ging es für einen Spaziergang in Rivas Hauptstraße bis zu Martins Lieblingspizzeria, Villa Aranci.
Die rustikal gestaltete Pizzeria war gut besucht, und der Geruch nach Mozzarella war einfach genial. Ich hatte noch Gelegenheit, mit dem Kellner zu flirten (man muss das ja in Italien), als wir auf die leckere Pizza und auf den leckeren Vino warteten.

Nach dem Essen, hat Martin mir den Hafen und Rivas Strandpromenade gezeigt. Wir saßen lang am See, mit Blick auf dem beleuchteten Ort von Pregasina. Das sanfte Plätschern des Wassers hat mich nach dem etwas hektischen Tag beruhigt.
Wir hatten noch Zeit für einen Spaziergang in Rivas Hauptplatz, der eine Kulisse für gelassene, elegante Leute, die flanieren und es einfach lieben, „fare una bella figura“, ist. Am Café Città haben wir die schöne Aussicht von Menschen und beleuchtete, geschichtsvolle Gebäude beobachtet. Für mich war so eine Straßenszenerie etwas gewöhnungsbedürftig, denn in den letzen Tagen hatte ich hauptsächlich nur einsame Berge gesehen…
So. Jetzt denkt ihr, na ja… der Tag ist um. Die beiden haben bestimmt nichts mehr erlebt, also, zumindest etwas, das man veröffentlichen kann. Aber da tauscht ihr euch.
Schon auf dem Weg zum Gardasee, nach der coolen/ kühlen Woche in den Dolomiten, hatte Martin so was gesagt: „ja, das Wetter am Gardasee wird dir bestimmt gefallen. Es ist so warm da! So warm, dass man sich Wind oder Sturm zum Abkühlen wünscht. Na ja. Das kriegt man auch…“ Natürlich habe ich das alles als reine Provokation genommen und der leichte Wind von dem Nachmittag hatte mich nicht mal beeindruckt.
Endlich erreichten wir den Campingplatz und gingen in aller Ruhe duschen. Als wir schon im Bett waren, fing es an zu Blitzen. Kräftiges Gewitter, immer näher brachte strömenden Regen mit. Und wenn man dachte, es wäre vorbei, kamen immer neue Gewitterfronten an. Langsam haben wir uns daran gewöhnt und eine elektrische Nacht am Gardasee genossen.
Dienstag, 19. Juli
Wir wollten Fahrrad fahren. Für den ersten Tag haben wir Mosers erste Radtour gewählt, die Pregasina Tour. Sie ist als sehr einfach, aber als landschaftlich unvergleichbar beschrieben. Man fährt ca. 15 Km und 500 Hm (von Riva) über einen schmalen Schotterweg mit ein paar dunklen Tunnels auf die berühmte Ponale Serpentinenstraße. Das Panorama ist wirklich spektakulär – man fährt senkrecht über dem See und jeder Höhenmeter bringt eine noch schönere Aussicht auf die Berge, (auch auf den Monte Brione), auf Torbole, Arco, Riva und auf den Lago… Die Rocchetta ist ein imposanter Berg, die mich besonders beeindruckt hat. Dann kommt ein Stückchen Asphalt mit vielen Bäumen, dann ein sonnenausgesetzes Stückchen und eigentlich zu schnell kommt man ins Hotel Panorama, im niedlichen, schwer zu erreichen Ort von Pregasina. Vom da geht normalerweise eine richtige Tour weiter. Wir haben aber Gelati gegessen und Sonnenakku geladen.
Nach meinem Höhenmetern Radabenteuer in den Dolomiten fühlte ich mich richtig fit, richtig besser auf dem Rad. Ich dachte, diese 500 Hm am Gardasee würden unkompliziert sein. WIE KANN MAN SICH SO IRREN? Fahrtechnisch war die Schotterpiste die Hölle und die Bedeutung von „steil“ hatte hier auch eine andere Dimension. Am Ende war ich auch am Ende und total deprimiert, aber die Rechnung bleibt offen für die Ponale Straße und für den Passo Rocchetta.

Martin


Mittwoch, 20. Juli
Noch in der großen Panorama-Stimmung, wollten wir einen gesamten Überblick vom Lago bekommen, und deshalb war dieser Tag für den Gardasee-Giro reserviert. Natürlich kannte Martin alles schon, aber ich hoffe, dass seine Reiseleitung ihn auf neue landschaftliche Details aufmerksam machte.
Erster Halt: Limone. Ein kleiner, mittelalterlicher Ort, voll von Touristen, die an einem kleinen Hafen auf das Gardasees Love Boat warten. Shoppen, Eis essen, Fotografieren, den Lago bewundern, oder einfach flanieren – das macht man in Limone. Und trotz der vielen Menschen ist der kleine Ort unglaublich gelassen und friedlich. Wir haben ein höheres Plätzchen gesucht und von da das einheimische Leben ein bisschen beobachtet. Frauen, die Wäsche auf die Leine hingen, Steinofen in den Gärten, üppige Blumenkästchen, Piaggio Mofas überall, alte und schmale Gassen mit Bögen als Rahmen für den Blick auf den Lago. Und dann die Sonne, die Farben, der Blick auf die Dächer… und natürlich, Limonenkacheln überall. Der Fischerdorfsname hat übrigens nicht mit „Limonen„ zu tun, obwohl da früher viele Zitronen gezüchtet wurden. Der Name kommt aus dem Latein „Lima“, und das heißt „Grenze“. Bin ich schlau…Aber jetzt fragt mich nicht was „Grenze“ mit dem Ort Limone zu tun hat. Da kann ich nur spekulieren.
Nächster Halt: Lago di Valvestino. Die Fahrt in die Berge durch die „Strada Panoramica“ war sehr kurvenreich. Sogar ich habe Kopf- und Magenschmerzen davon bekommen. Ich dachte, „Super. Und alles für einen blöden Stausee“. Aber was für einen… Wenn Amazonien eine Wasserseele hat, dann ist sie wohl der Lago di Valvestino, denn seine Farbe ist so grün, dass man fast Augenschmerzen davon bekommt. Hier gibt es kein touristisches Leben, nur Berge, See, Wärme und Einsamkeit. Diesen Sommer scheint aber der Lago auch ein bisschen traurig zu sein, denn der Wasserstand hat sich um ein paar Metern verringert.
Nach diesem kleinen aber sehr gelungenen Abstecher, sind wir nach Maderno gefahren. Mit einem bisschen Glück, könnten wir ein Schiff zu der anderen Seite vom Gardasee nehmen.
Die Schifffahrt (ist das nicht toll, wenn man etwas von der neuen deutschen Rechtschreibung richtig macht?) war eine aussichtsreiche und erfrischende Erfahrung, und für mich war sie auch eine wunderbare Gelegenheit, um näheren Kontakt mit dem Wasser zu erschließen.
Wenn es so warm ist, und wenn man gleichzeitig das Glück hat, so eine einladende Wasserfläche anblicken zu können, dann muss man auch ins Wasser springen. Und irgendwo zwischen Garda und Malcesine haben wir einen einsamen kleinen Strand entdeckt, wo wir gebadet haben.
Malcesine war unser nächstes Ziel. Da gibt es eine Burg, die heutzutage als Museum, Bibliothek und Raum für verschiedene Kunstausstellungen funktioniert, „Museo Castello Scaligero“. Für uns war es auch der perfekte Ort für die Zelebrierung des Sonnenuntergangs. Das goldene Licht spiegelte sich auf der Fläche des Wassers und wärmte gleichzeitig die Dorfdächer, die Leute, die Berge. Man kann vom oben den Gardasee praktisch in voller Länge betrachten und Goethes Liebe für den Lago teilen. Martin konnte natürlich so viele Romantik nicht mehr ertragen und so rief er verzweifelnd „Piiiiiiiiiiiiizzaaaaaaaaaaa!“. Pizzeria da Pedro hat uns ein kleines, leckeres Fest angeboten.


Malcesine

Malcesine

Limone

Limone
Donnerstag, 21. Juli
Das absolute Highlight des Tages war unsere S. Giovanni Radtour. Es war verdammt warm (37°C) und beide haben gelitten bei der steilen, sonnenausgesetzten Auffahrt auf einer neu asphaltierten Straße. Da fährt man ca. 900 Hm am Stück (die letzten Meter sind zum Glück durch Wald!) und freut sich schon auf Abkühlung in dem Refugio. Als wir da ankamen, war alles zu. Kein Kaffee, keine Schorle. Einfach nur 300 Hm noch weiter fahren. Auf eine Schotterpiste bekommt man einen schönen Blick auf die Alpen und dann geht es los mit der Abfahrt, mit weiteren coolen Blicken auf dem Lago. Ein Trail-Stück musste ich mein Rad schieben, aber ansonsten habe ich versucht, auf steilem Schotter und Beton abzufahren, und ein bisschen besser als letztes Mal hat es auch geklappt.
Da unten war der Kontrast zwischen Berg und Ort ziemlich intensiv, aber wir hatten unseren Spaß bei dem Touristen-Slalom.
Jetzt zu der Tour: obwohl die Auffahrt kein Spaziergang war (zumindest für mich), war es unvergleichbar belohnend, das Ziel erreicht zu haben, trotz aller Zweifel und Schwierigkeiten. Biken fing an, Spaß zu machen.
S. Giovanni würde ich gern wieder fahren.

Verona
Freitag, 22. Juli
Dieser Tag war von uns als „Ruhetag“ bezeichnet und für die Stadt Verona reserviert. Die Parkplatzsuche in Verona führt einen zum Wahnsinn, aber dagegen sind wir sowieso immun… Als allererstes haben wir die welt-berühmte Arena besucht. Diese ist für ihre Größe beeindruckend (das Amphiteather besitzt 45 Sitzreihen und bietet circa 22 000 Besuchern Platz), aber viel mehr für die Tatsache, dass sie etwa 290 errichtet wurde und heute noch bestens erhalten ist. Die Arena bietet auch eine Wander-Herausforderung mit Drahtseil für einige Touristen, die von einer Reihe zu der nächsten über Stufen gehen möchten. Wie würden diese Arena Bergsteiger in Bonacossa zu Recht kommen?
Danach ging es für richtige Romantik, im Julias Haus! Ja Julia, Shakespeares dramatischen Liebesheldin. Was wir da gesehen haben, hatte ich nie erlebt: eine unendliche Schlange von Leuten mit allen Nationalitäten wartete auf eine Foto Chance bei der Statue von Julia. Jeder, der den fotografischen Augenblick ergriff, lächelte stolz in die Kamera(s), mit einer Hand auf Julias rechter Brust. Nur die japanischen Touristen haben sich nicht getraut…
Ich glaube, da sind wir fast eine Stunde geblieben, nicht nur wegen der Faszination, aber auch um Julia ohne Brustaufkleber fotografisch verewigen zu können.

Nach diesem gelungenen Ausflug fuhren wir mit dem Auto Richtung Torri und da haben wir wieder einen Schiff nach Maderno genommen. Martin wollte mir Pieve aus verschiedenen Gründen zeigen: wegen der tollen Aussicht auf den Lago, wegen der Pizzeria Ander, und noch wegen der Strecke selbst, die sogenannte Brassaschlucht. Ich, Königin der Unwissenheit, wollte Martin vom Fahren entlasten und habe meine Fahrkräfte zur Verfügung gestellt. Martin lächelte und fuhr selber. Warum? Hier eine Beschreibung von Achim, einem Motorrad-Experten: „die extrem schmale Straße windet sich nun in engen Serpentinen direkt zwischen Fels und Abgrund entlang. Nachdem man noch einen Wasserfall passiert hat, wird es dann wirklich abenteuerlich: Man fährt zwischen zwei Felswänden hindurch, die über der Straße so eng zusammen stehen, dass sie sich fast berühren. Nur ein schmaler Spalt verbleibt in der Mitte. Für Fahranfänger und schwache Nerven ist diese Strecke sicher weniger geeignet. Dafür werden wir aber mit einer bemerkenswerten Aussicht auf den See belohnt.“ Wohl wahr. Auf der Strecke habe ich oft gedacht, ein Dinosaurier würde aus der nächsten Kurve kommen und entweder einen Steinschlag verursachen oder unser Auto fressen. Es war eine Reise in eine fantastische Welt.

Als wir gerade am parken waren, fing es zu blitzen und zu regnen an… zum Glück haben wir es noch geschafft, die Pizzeria zu erreichen, ohne nass zu werden. Die Pizza war lecker. Nach dem Essen sind wir hoch zum Kirchplatz gelaufen, wo die Aussicht über den beleuchteten Lago ziemlich spektakulär war. Das Gewitter kam aber wieder und überall im Himmel entzündeten sich elektrische Strahlen. Time to go.
Gewitter ohne Ende. Und so erlebten wir noch eine elektrische Nacht.


Samstag, 23. Juli
Fahrrad fahren war angesagt, aber wir hatten einige Schwierigkeiten bei der Auswahl der Tour. Ich wollte schon ein bisschen Anspruch, was die Auffahrt angeht, aber ich wollte auch abfahren können. Die Tovi Tour habe ich gewählt, trotz Martins komprimierten Lächelns. Es war die Hölle. Die Auffahrt war steil, erst auf Asphalt und dann ein bisschen im Wald. Man bekommt keinen spektakulären Blick auf den Lago. Und wenn man denkt, die Auffahrt ist vorbei, kommt eine zähe, endlose Schotterpiste, wo ich mehrmals anhalten musste. Einmal bin ich Minuten lang angehalten, weil die Schotter so zäh war, dass ich nicht treten könnte. Da bin ich abgestiegen und quellenweise geweint, denn noch einmal war ich an meine Grenzen gestoßen. Nach dieser Feststellung ging es mir besser und ich konnte weiter fahren. Zum ersten Mal hatte ich mehr Spaß an der Schotterabfahrt (wohl bemerkt) als an der Auffahrt. Aber die Abfahrt auf Schotter war eigentlich zu kurz, und bald mussten wir fast 1000 Hm auf Straße runter kurbeln – auf der Strada di Monte Velo. Diese Tour würde ich ungern wieder fahren… Und jetzt bin ich diejenige, die ein komprimiertes Lächeln hat… Immerhin, es waren 1150 Hm. Aber Herr Moser… den mag ich nicht mehr.

Nachts hatten wir etwas besonders vor: 300 Hm auf den Monte Brione klettern, um die Aussicht vom einem Bunker auf Riva und Torbole zu genießen. Flasche Wein, Tüte Chips und Isomatte eingepackt und auf zum Bunker. Die Erfahrung war ein bisschen wie auf der Ponale Straße: jeder Meter schenkte uns immer eine schönere Aussicht auf den Lago, auf Torbole und Riva. Mit Lichtsignalen mit der Taschenlampe haben wir noch mit Urlaubern unten auf dem Campingplatz gespielt.
Der Bunker war komplett einsam – ein Balkon über den Lago. Da haben wir gesessen, gequatscht, Wein getrunken, die Aussicht betrachtet und uns es ganz gemütlich gemacht. Was für ein wunderschöner Augenblick! Nach ein paar Chips bin ich auf Martins Brust eingeschlafen.
Ein bisschen Zeit sind wir noch da gelegen und die Wärme genossen. Das war einer von solchen Momenten im Leben, die man nicht mehr vergisst.
Sonntag, 24. Juli
Der so genannter „Gammeltag“. Wir sind spät aufgestanden, haben gelesen, gequatscht, ein bisschen aufgeräumt, geatmet und so ähnliche Aktivitäten getrieben. Aber wir wollten noch etwas machen, und deshalb haben wir eine kleine schöne Radtour gewählt, Castel Penede (ca. 350 Hm).
Wald und schöne technische Anforderungen hat diese kleine Tour zu bieten. Unser Ziel, Castel Penede war leider zu, aber wir konnten noch zwei Abstecher machen um das zu kompensieren. Nach „fahrbarem“ dicken Schotter waren wir bei den Riesentöpfe (Marmiti dei Giganti).
Dann habe ich mich getraut, abschnittsweise die Strada Santa Lucia (alte römische Straße) abzufahren (!!!!!!!!!!!!!) und schon in Torbole waren wir auf einem Aussichtspunkt über den Lago, wo es möglich ist, ihn in voller Länge zu überblicken. Und das nicht mal 50 Meter über dem See…
In einem Cafe direkt am See haben wir was getrunken und spontan entschieden, da Pizza zu essen. In Radklamotten und mit unvergleichbarer Nähe zu dem Wasser haben wir uns was Leckeres gegönnt. Und wie schön sahen unsere Räder in dem Sonnenuntergangslicht aus!
Danach sind wir mit voll Gas nach Riva gefahren und bei Flora, die legendäre Eisdiele am Gardasee, vorbeigeschaut. Zwei dicke Eisbecher gegessen und dann fuhren wir zum Campingplatz. Da haben wir geduscht und sind wieder zum Café Città gelaufen, für unseren Nachtabschied vom Gardasee.

Es war eine sehr schöne Nacht. Die Stadt war voll von Straßenmusikanten und Künstlern. Wir haben alles betrachtet, alles genossen und bei dem Rückspaziergang am Hafen entlang wussten wir, dass unser Abschied vom Gardasee eigentlich perfekt gewesen war.

Montag, 25. Juli
Früh aufstehen, frühstücken, alles aufräumen, Zelt abbauen, Auto packen und dann durch die Berge zurück nach Hause. :-(
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